Beim letzten Bericht ging es darum, dass ich mich auf die Suche nach einem Drucker bzw. Kopierer machen wollte, um die notwendigen Papiere fürs Ausklarieren vorzubereiten.
Die Master Deklaration, General Deklaration und die Cargo Deklaration habe ich selbst am Computer geschrieben und werden auch im Büro der Marina für uns ausgedruckt. Die Schiffspapiere und die abgestempelte Crew List kopiere ich in Sergejs Büro dann nur 1 Mal, da ich auch die Papiere für Günter zu kopieren habe und der Kopierer aus dem vorigen Jahrtausend ist...Dauernd „Toner nachfüllen“ zeigt er an und ich habe Sorge, dass er jeden Moment den Geist aufgibt – und wo dann einen anderen Kopierer auftreiben – wir sind nicht in dem Teil Europas, wo man an jeder Ecke einen Kopierladen findet.
Gut – wir haben dann alles beisammen und beschließen am Sonntag nach Sevastopol zu fahren. Wir informieren Segej und dieser gibt sein ok, dass wir 2 Tage länger als vereinbart in Balaklawa liegen dürfen. Wir müssen nur am Sonntag sehr zeitig raus, da eine große Motorjacht avisiert ist und er den Platz braucht. Bezahlen sollten wir am Samstag um 10 Uhr. Wir sind dann auch Punkt 10 Uhr in seinem Büro und müssen erfahren, dass Sergej in Sevastopol ist. Es wird telefoniert und man gibt mir den Hörer. Sergej erklärt mir am Telefon, dass ich der Dame im Büro einfach die Schiffslänge, Ankunftsdatum und Abreisedatum aufschreiben sollte und sie würde mir dann die Rechnung ausstellen. Ich mache das dann auch, die Dame verrechnet sich um einen Tag, sie will 10 Tage kassieren, es sind aber nur 9 Tage. Dann will sie 136 Hriwnija pro Tag und ich schreibe ihr auf, dass mit Sergej vereinbart wären 114 Hriwnija pro Tag (hat mir Hannes so aufgeschrieben). Sie zeigt mir zwar noch die Preisliste, ist dann aber einverstanden und ich verstehe, wenn Sergej das gesagt hat, dann sei das ok. Ich schreibe noch ein paar Zeilen für Sergej, wo ich mich für seine Bemühungen bedanke und wir stellen ihm eine Flasche steirischen Weißwein in sein Büro.
Auf dem Weg zurück zum Boot treffen wir Günter, der gerade auf dem Weg ins Büro zum Begleichen seiner Rechnung ist. Bei dieser Gelegenheit bemerkt Hannes, dass er sich geirrt hat mit dem Preis und die Hriwnija 136 täglich doch stimmen – es ist uns fürchterlich peinlich und wir gehen zurück ins Büro zu der Dame und ich versuche den Irrtum aufzuklären und wollen die fehlenden Hriwnija 198 bezahlen. Die ist jetzt aber wirklich sauer und ich verstehe, dass sie die Rechnung jetzt nicht mehr ändern kann. Ich teile ihr mit, dass ich das mit Sergej abklären werde, sobald er aus Sevastopol zurück ist.
Wir sehen Sergej dann auch nachmittags am Boot vorbeikommen, ich halte ihn auf, erkläre die Situation, entschuldige mich für unseren Fehler und will ihm das Geld geben. Sergej nimmt es nicht an, stattdessen sagt er , dass es ein sehr kleines Geschenk von ihm an uns sei und ich solle mir keine Sorgen deshalb machen. Außerdem bedankt er sich für den Wein von uns und wünscht uns eine gute Reise.
Wir verbringen einen Tag mit Schiff putzen und einkaufen, Schlauchboot waschen, picken, festzurren, Wasser füllen etc. Nachmittag um 17 Uhr sind wir noch bei Romy und Alain auf MANDRAKI, eine Santorin, die gerade 7 Jahre um die Welt gegondelt ist, eingeladen. Es werden Erfahrungen ausgetauscht, leider haben wir nicht viel Zeit, haben einen Tisch im „Golden Sun Marinarestaurant“ bestellt für 19:30. Es ist Hannes nachträgliche Geburtstagseinladung und wird ein toller Abend. Das beste Essen der ganzen Reise haben wir hier konsumiert, Fisch und Kaninchen, 3 Flaschen Krimsekt und tolle Nachspeise.
Am Sonntag gegen 9 Uhr laufen wir aus Balaklawa aus. Wollen uns die Bridge 143 und 122 in Sevastopol ansehen, wo wir zum Ausklarieren am nächsten Tag anlegen sollten.
Die Bridge 143 liegt fast unmittelbar vor dem Gebäudekomplex, wo wir ein paar Tage zuvor nach den Formalitäten fragten. Es liegt hier aber ein großer Frachter und ein Beamter in grüner Uniform mit 3 goldenen Sternchen verweist uns an Pier 122. Man darf sich aber nicht vorstellen, dass wir die Nr. 143 irgendwo lesen konnten – es wurde uns einfach nur durch Nicken bestätigt, dass dies 143 sei... englisch sprechen die Herrschaften ja nicht... Die Pier 122 sei weiter drinnen im Fjord – ca. 1 Seemeile auf der Steuerbordseite – dort wo das Schiff „Golden Head“ liegt....
Wir fahren ca. eine Seemeile weiter und sehen backbords die U-Boote und die Marineboote. Ausflugsboote fahren hier und zeigen den Gästen stolz ihre Prunkstücke. Wir sehen steuerbords die Motoryacht Golden Head – nirgendwo steht Nr. 122 – und anlegen kann man direkt daneben auch nicht. Dann sehen wir zwei große Frachtschiffe und den langen Pier, bestückt mit schwarzen Gummireifen, einladend zum Anlegen, was wir dann auch tun. Es geht kein Wind und wir benötigen eigentlich keine Hilfe beim Anlegen, trotzdem steht hier ein junger Mann, der mir die Achterleine abnimmt und festmacht. Second Lady liegt hinter uns – beide haben wir längsseits festgemacht. Wir fragen, ob dies die Zollmole 122 sei und ob man hier ausklarieren kann. Der junge Mann deutet ja und er will die Schiffspapiere haben. Dann kommt noch ein Uniformierter, wieder in grün, und wir erklären, dass wir ausklarieren wollen – morgen, da ja heute Sonntag und vermutlich keine Beamten arbeiten würden.
Wir verbringen eine sehr ruhige Nacht. Am nächsten Morgen kommt dann ein Mann, der sich als „Supervisor“ vorstellt und mir eine Rechnung in die Hand drückt. Hriwnija 370,-- (d.s. EUR 54,--)
Er erklärt, dass dies 102,40 für die Nacht wären, 40,15 für den Zoll, und 227,25 für die Mooring! In der Zwischenzeit hat hier auch noch ein Amerikaner angelegt, „die Extreme“, die auch soviel bezahlen sollten. Wir diskutieren und vermuten, dass man uns den Mooringpreis für die Großschifffahrt aufbrummen will und wir sind natürlich nicht bereit dies zu bezahlen. Wir erklären dem Supervisor, dass wir auf die Beamten warten und erst danach, wenn die uns die Rechnung übersetzen, gegebenenfalls bezahlen werden.
Wir funken mit Sevastopol Traffic auf 16 – nach dem (?)–zigten Mal antworten die, wir wechseln auf Kanal 14 – man erklärt uns, dass wir Radio 1 auf Kanal 16 rufen müssen. Wir rufen Radio 1 und es antwortet keiner. Schließlich machen Günter, Hannes und ich uns auf den Weg zum Zollgebäude, wir wollen die Beamten selbst verständigen, da wir inzwischen das Gefühl haben, dass der Supervisor, solange wir die Rechnung nicht bezahlen, auch keine Behörden anfordern wird. Es ist sehr heiß und wir marschieren gute 20 Minuten. Durch große Tore hindurch, Hinterhöfe, an bellenden Hunden vorbei (die ja bekanntlich eh nicht beißen...), dann wieder außen rum an Gebäuden, die mit Stacheldraht umzäunt sind und dann kurz vor dem Zollgebäude ist das große Tor mit einer starken Kette abgeriegelt. In einem Gebäude davor steht die Tür offen, ein Mann mit nacktem Oberkörper wäscht sich gerade an einem Waschbecken – Hannes fragt ihn wie wir rauskommen und er deutet uns über die Anhöhe zu klettern. Wir klettern durchs Gebüsch, gebückt, an 2 Hunden vorbei (die bellen dieses Mal aber nicht!!!) und endlich sehe ich die Straße oberhalb und hebe den Kopf, da verspüre ich einen heftigen Schmerz, der mich fast in die Knie zwingt, mir wird schlecht und ich höre schon die Englein singen....nein, es sind doch nicht die Englein, es ist Hannes, der besorgt schimpft, warum ich denn nicht aufpassen könne.....ich habe eine riesige Beule als Andenken an den Vorfall.....
Wir stehen dann wieder vor den Portieren des Zollgebäudes, leider sind es nicht die netten 2 von vergangener Woche, sie kichern wie zwei Gören, als ich sie auf englisch anspreche.... Dann wieder das eh schon Bekannte, sie telefonieren und teilen mit, dass wir einen Agenten brauchen..... Nach 20 Minuten hin und her, und etlichen Telefonaten von den Herren, gibt mir einer den Telefonhörer in die Hand. Ich höre eine englischsprechende Männerstimme auf der anderen Seite, die mir erklärt, dass es nicht genüge, dass wir alle Dokumente zum Ausklarieren in Englisch haben, wir müssten sie auch auf Ukrainisch haben!!! Auf meine Frage ob er ein Agent sei, bekam ich keine Antwort, stattdessen teilte er mir mit, dass er gebeten wurde zu übersetzen und er könne auch unsere Dokumente ins Ukrainische übersetzen, wenn wir wollen.... ....also doch ein Agent.....
Hannes war mit Günter in der Zwischenzeit im Ecological Office und der zuständige Beamte dort erklärte ihnen, außerhalb seines Büros, dass er für 10 USD pro Schiff, gerne bereit sei, die Dokumente abzustempeln, ohne aufs Schiff zu kommen. Sie bezahlten 10 EUR und 50 Hriwnija für 2 Stempel, mehr Geld hatten die Männer nicht dabei und der „grüne“ Beamte gab sich damit gnädigerweise auch zufrieden.
Die beiden Beamten, mit denen ich zu tun habe, schicken mich, nachdem sie merken, dass ich mich nicht abschütteln lasse und auch keinen Agenten will, nun zum Dispatcher. Dieser ist sehr höflich und bietet mir gleich einen Platz an. Neben mir – ihm gegenüber – sitzt bereits ein Mann in Zivil – sieht verdächtig nach Agenten aus!
Ich werde um unser Anliegen gefragt und bekomme gleich wieder die Antwort, dass es NOTWENDIG sei einen Agenten zu nehmen. Ich teile mit, dass wir keinen wollen und lächelnd füge ich hinzu, dass ICH unser Agent bin. Das kommt wohl nicht so gut an bei ihm und ich verbessere mich gleich und meine, ich möchte die Arbeit, die ein Agent für uns machen würde, gerne selber machen.... Die Situation befindet sich auf Messers Schneide...Doch dann lenkt der Dispatcher ein, verlangt unsere Schiffspapiere und die Crew List. Er vermerkt, dass wir um 14 Uhr ausklarieren wollen in die Türkei und versichert uns, dass er die „Customs“ und „Emigration“ verständigt und die bis 14 Uhr bei uns an Bord sein werden. Beim Verabschieden meint er noch: thanks for your kind assistance and see you tomorrow – or the day after tomorrow..... Hannes ganz süffisant: “Do you also want to go to Istanbul….?” Ich weiß bis jetzt nicht, ob die Aussage des Dispatchers auf mangelnde Englischkenntnisse zurückzuführen ist, oder ob er auf diesem Weg andeuten wollte, dass es ohne Agenten ja sowieso nicht geht....
Wir marschieren die 20 Minuten zurück zum Schiff. Beim Eintreten in das Areal, wo unsere Schiffe stehen, sehen wir nun endlich eine kleine Tafel am Eingangstor: Zollgebiet, Eintritt nur mit Erlaubnis und daneben hängt ein Rettungsring mit der Aufschrift „ Terminal Nr. 122“!!!!! Der Supervisor schickt wieder jemanden mit der Rechnung, wir sollten bezahlen.... Tun wir nicht, wir warten ja auf die Behörden zum Übersetzen der Rechnung.... Inzwischen ist auch ein kleines russisches Schiff mit bulgarischer Besatzung eingetroffen. Nikolai spricht russisch und auch englisch und er erklärt uns, dass er bzw. seine Mannschaft (sind zu 5.) die 300 Hriwnija bereits am Vortag bezahlt hätten und bis 13 Uhr auf die Behörden gewartet hätten und nun sollten die Behörden heute um 16 Uhr kommen. Der Supervisor kommt wieder mit der Rechnung..... erklärt, dass die Behörden um 16 Uhr kommen.....
Wir warten bis 14:30 – dann funke ich wieder auf 16 – wechsle auf 14 – wieder auf 16 Radio 1 und mache das sicher 5 x – dann endlich die Antwort: die Behörden kommen um 16 Uhr zu uns an Bord!
Es ist 16:30 und die Behörden kommen wirklich. Ein „grüner“ Beamter, ca. 30 Jahre, mit großer grüner Kappe – er ist von der Emigration und spricht englisch! 2 junge Männer, ebenfalls um die 30, in blauer Uniform, sie sind vom Zoll. Zuerst werden die „Russen“ abgefertigt, - inzwischen ist ein zweites Boot unter russischer Flagge gekommen, gehört zu dem ersten dazu.... Einer der Zollbeamten schnorrt Zigaretten, zuerst vom Supervisor – die scheinen sich gut zu kennen, dann auch von der Mannschaft des russischen Bootes. Der Supervisor scheint sich bei den Beamten zu beklagen, dass wir die Rechnung nicht begleichen wollen. Der Beamte von der Emigration (Grüne) lächelt nur und zuckt die Schultern..... Nikolai übersetzt uns, dass wir die Rechnung bezahlen sollten, ansonsten würden uns die Beamten nicht abfertigen. Es ist heiß, wir warten seit Stunden und wollen endlich weg.... ich frage den „Grünen“ ob die Rechnung ok sei, der antwortet mir, dass sie ok sei, dass dies eine private Anlegestelle ist und auf meine Frage, ob ich verpflichtet bin diese Gebühren als Privatjacht zu bezahlen, gibt er mir zu verstehen, dass er damit nichts zu tun hat, er ist Beamter und für die Emigration zuständig....
Wir beschließen zu bezahlen, es ist uns einfach zu mühsam und wir sind genervt. Als wir die Rechnung beglichen haben, sehen wir, dass der Supervisor dem „blauen Zigaretten schnorrenden Beamten“ sagt, dass es nun ok sei.....
Um 18 Uhr sind wir endlich dran! Wir sitzen alle im Salon der Second Lady. Der Zollbeamte will die Schiffsdokumente in 2-facher Ausfertigung – wir haben sie aber nur einmal kopiert und ich entdecke – oh Schreck – dass ich die Schiffspapiere falsch kopiert habe – Seite 2 zweimal, dafür fehlt Seite 4!!! Zum Glück fertigen sie zuerst die Second Lady ab und das dauert mehr als eine halbe Stunde, jedes Dokument wird genauestens inspiziert, parallel dazu richte ich meine Papiere und der „grüne“ (nette) Beamte sitzt links von mir und lächelt mir freundlich zu und sagt, es ist alles in Ordnung. Unsere Papiere werden dann zwar auch genau angeschaut, aber jedes Mal wenn der Zollbeamte die Schiffspapiere in Kopie in der Hand hält, unterbricht ihn jemand mit einer Frage....
Wir haben wirklich all die eingangs erwähnten Dokumente gebraucht, des weiteren ein Dokument, das wir in Odessa erhalten haben, welches nur in ukrainischer Sprache ausgefertigt ist, dürfte aber die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr sein, dann haben wir noch ein zweisprachiges Dokument vom Zollmenschen bekommen, worin wir unser Barvermögen angeben mussten und den Wert des Schiffes....
Um 19 Uhr sind wir fertig – im wahrsten Sinne des Wortes – die Beamten stehen noch neben Cayenne bis wir ablegen.....Als wir dann den Port verlassen, melden wir uns noch bei Sevastopol Port Control ab und bei der Lebed 7! Wir geben wieder Position bekannt und unsere nächste Destination und dann wünschen die uns auch noch „good luck“! Hohe Wellen und Wind gegenan erwarten uns bei der Hafenausfahrt, zum Glück ist es noch nicht finster und wir sind froh, endlich ausklariert zu haben und ein Blick auf den Windmesser verspricht uns, dass wir spätestens in 2 Stunden, wenn wir das Kap passiert haben, Segel setzen können.....Nach dem Segelsetzen ging es los in Rauschefahrt in Richtung Istanbul. Kurz vor dem Verlassen der 12 Meilenzone hören wir am Funk: Yacht Cayenne, Yacht Cayenne for Lebed 7! Wir werden um Position gefragt und mit einem freundlichen bye, bye verabschiedet.
Wir segeln die ganze Nacht durch. An Schlaf ist nicht viel zu denken, es schaukelt viel zu sehr. Wir werden beide fast seekrank. Gegen 18 Uhr am nächsten Tag funken wir mit Günter, der Wind ist beinahe eingeschlafen, und wir beschließen nach Amasra (türkische Schwarzmeerküste) abzulaufen. Wir starten den Motor und der bleibt auch an, bis wir am nächsten Tag um 9:45 den Anker in der Bucht von Amasra ausbringen. Was bin ich froh, als ich die Minaretts sehe – endlich wieder in der Zivilisation......
Fazit: Bulgarien war traumhaft, jederzeit gerne wieder. Rumänien: die Eindrücke waren außer vom Donaudelta nicht positiv. Sehr armes Land, sehr viele Zigeuner und wir fühlten uns nicht sicher. Ukraine: sehr schön, sehr sicher, aber diese Bürokratie! Odessa ist sehr westlich und dort ist alles ein bisschen einfacher, aber die Krim! Landschaftlich sehr schön, auch die Menschen bemüht einem weiter zu helfen, aber die Beamten: inkompetent, engstirnig, korrupt – ich verstehe dieses Gehabe einfach nicht, bin in eine andere Welt geboren und kann mich in diesem System nur sehr schwer zurechtfinden.